Einleitung
Katholische antiprotestantische
vorkonziliare (= vor dem Vaticanum II) Mentalität auf dem Lande:
Der Bauer fährt Mist auf das Feld, und zwar extra
am höchsten evangelischen Feiertag, dem Karfreitag.
Der Bauer fährt Mist auf das Feld, und zwar extra
am höchsten evangelischen Feiertag, dem Karfreitag.
Die
protestantische Retourkutsche:
Volles Arbeitsprogramm des evangelischen Bauers an Fronleichnam …
Volles Arbeitsprogramm des evangelischen Bauers an Fronleichnam …
Das ist
glücklicherweise vorbei …
1. Protestantische Mentalität in Kirchenliedern
Überwiegende
Gedanken: Christus vergoss sein Blut für uns, unser Heil wurde durch sein
(teures) Blut erkauft, es ist das Lösegeld (Freikauf), das Sühnegeld für unsere
Sünden.
· --- Christi
Blut und Gerechtigkeit, das ist mein Schmuck und Ehrenkleid
(EG 350, Strophe 1: Leipzig 1638, 2-5:
Nikolaus Ludwig Graf von Zinzendorf 1739)
(EG 350, Strophe 1: Leipzig 1638, 2-5:
Nikolaus Ludwig Graf von Zinzendorf 1739)
· --- …
Deine Gnad und Christi Blut, machen allen Schaden gut
(EG 484: Müde bin ich geh zur Ruh, Strophe 2)
Dichterin: Luise Maria Hensel, die Schwester des Malers Wilhelm Hensel und Schwägerin der Komponistin Fanny Hensel, geb. Mendelssohn, Schwester des Komponisten Felix Mendelssohn, wurde am 30. März 1798 in Linum (Brandenburg) als Tochter des dortigen Pfarrers Ludwig Hensel und dessen Ehefrau Johanna Albertina Trost geboren. Sie siedelte nach dem Tode des Vaters mit ihrer Mutter 1809 nach Berlin über. Nachdem sie bereits im Alter von 14 Jahren „heimlich mit Gott einen Pakt“ geschlossen hatte und lange gedanklich und gefühlsgemäß auf der Suche nach der Wahrheit war, konvertierte sie am 7. Dezember 1818 vom lutherischen zum katholischen Glauben mit dem Ablegen des katholischen Glaubensbekenntnisses bei Probst Johannes Ambrosius Taube. (Wikipedia)
(EG 484: Müde bin ich geh zur Ruh, Strophe 2)
Dichterin: Luise Maria Hensel, die Schwester des Malers Wilhelm Hensel und Schwägerin der Komponistin Fanny Hensel, geb. Mendelssohn, Schwester des Komponisten Felix Mendelssohn, wurde am 30. März 1798 in Linum (Brandenburg) als Tochter des dortigen Pfarrers Ludwig Hensel und dessen Ehefrau Johanna Albertina Trost geboren. Sie siedelte nach dem Tode des Vaters mit ihrer Mutter 1809 nach Berlin über. Nachdem sie bereits im Alter von 14 Jahren „heimlich mit Gott einen Pakt“ geschlossen hatte und lange gedanklich und gefühlsgemäß auf der Suche nach der Wahrheit war, konvertierte sie am 7. Dezember 1818 vom lutherischen zum katholischen Glauben mit dem Ablegen des katholischen Glaubensbekenntnisses bei Probst Johannes Ambrosius Taube. (Wikipedia)
· --- Du
hast für mich vergossen am Kreuz dein teures Blut …
(EG 158: O Christe Morgensterne …, Strophe 3,Leipzig 1579--- Kauftest durch dein Blut uns frei, hat den Tod für uns gelitten (EG 331: Großer Gott wir loben dich, Strophe 8, kath. Priester Ignaz Franz (Schlesien), 1768
(EG 158: O Christe Morgensterne …, Strophe 3,Leipzig 1579--- Kauftest durch dein Blut uns frei, hat den Tod für uns gelitten (EG 331: Großer Gott wir loben dich, Strophe 8, kath. Priester Ignaz Franz (Schlesien), 1768
Offensichtlich ist
diese Blut-Mentalität nicht unbedingt typisch protestantisch ...
2. Der
Apostel Paulus – Skandal des Kreuzes: 1. Kor 1,17-31
„Das
Wort vom Kreuz ist eine Dummheit für jene, die verloren gehen, uns aber, die
wir das Heil erlangen ist es eine Gotteskraft … Weil nämlich die Welt in ihrer
Ignoranz Gott in seiner Weisheit nicht erkannte, gefiel es Gott sehr, durch
törichte Verkündigung das Heil anzusagen, und zwar für diejenigen, die das
glauben. Er tat es auch deshalb, weil die Juden Zeichen fordern und die Griechen
nach Weisheit fragen. Wir aber predigen Christus, den Gekreuzigten, für die
Juden ein Skandal und für die Griechen Schwachsinn.“
Bei
Paulus erleben wir eine Dialektik, einen Umkehrschluss: im Symbol des Todes,
dem Kreuz, liegt das wahre Leben.
3. Theologische
Antwortversuche zur Heilsbedeutung der Kreuzigung Christi:
Opfer, Sühnopfer, Lösegeld, Versöhnung durch Tod, Glaubenszeugnis, Stellvertretung
Opfer, Sühnopfer, Lösegeld, Versöhnung durch Tod, Glaubenszeugnis, Stellvertretung
a. Gerhard Ebeling: Jesus – extremer Zeuge des
Glaubens
„Seine
[Jesu] Verkündigung, sein Wirken, sein Weg, seine ganze Existenz zielten darauf
ab, als Zeuge des Glaubens zum Glauben [ = an Gott, der Wahrheit des Glaubens]
zu rufen und Glauben zu erwecken. Auch und gerade sein Tod gehört zu dieser
Zeugenschaft des Glaubens. Dieser Sendung hatte sich Jesus so sehr hingegeben,
dass sein Tod die äußerste Erfüllung der Zeugenschaft des Glaubens und somit
die Summe seines Lebens war. Wenn man sich nun zu Jesus stellte, so stellte man
sich damit zum Glauben.“
Gerhard Ebeling: Das Wesen des christlichen Glaubens.
Tübingen: Mohr 1959, S. 68
b. Dorothee Sölle: Jesus – Stellvertreter eines
nicht mehr allmächtigen Gottes
„Die
Abhängigkeit Christi als Selbstauslieferung ist der Grund seines Leidens.
Christus vertritt den Gott des Lebens nur, er ersetzt ihn nicht. Weil Christus
abhängig bleibt von Gott, darum kleidet er und trägt Schmerzen Gottes in der
Welt. Jede Form von Lebensersatz füllt die Lücken des Lebens aus und
perfektioniert das lückenhafte Dasein. Der abhängige Stellvertreter dagegen
hält die Lücke offen, die Gottes Leben darstellt; und eine offen gehaltene
Lücke ist konkret Schmerz, der sich nicht schließen und stillen lässt, solange
sich Gottes Identität in der Welt nicht bezeugt hat … Die im Evangelium
gemeinte Liebe ist nichts anderes als das radikale Eintreten eines für einen
unersetzlichen anderen: vorläufige und sich selbst abhängig machende
Identifikation. Christus hat sich mit Gott identifiziert und sich selber in die
Abhängigkeit davon gebracht, dass Gott zu seiner Identität käme. Wer sich mit
Christus identifiziert, der vertritt in der gleichen Weise Gott vor der Welt,
leidend und vorläufig.“
Dorothee Sölle: Stellvertretung. Ein
Kapitel Theologie nach dem „Tode Gottes“. Stuttgart / Berlin: Kreuz 1965, S. 198f
c.
Martin Luther:
Jesu stellvertretendes Leiden / Im Tod das Leben gewinnen
Jesu stellvertretendes Leiden / Im Tod das Leben gewinnen
„Jesus
hat nicht nur während seiner eigentlichen Passion gelitten, sondern sein ganzes
Leben war ein Leiden … Er hat das Leiden um unserer Sünden willen auf sich
genommen … Aber Christus ist kein passives Opfertier, kein durch den Zorn Gotts
hin und her geworfener Gegenstand. Er hat sich nicht nur zum Opfer dargebracht,
„er hat sich selbst zur Sünde, zu unserem Opfertier gemacht“ (WA 40 III, 733.1)
… Er gibt sich durch eine Willensanstrengung und durch eine freiwillig ins
Leiden gehende Liebe zum Opfer hin, weil er mit dem sündigen Menschen
solidarisch wird …
(WA 40 III,737.22) …
Um dieses stellvertretenden Leidens Christi willen und um seiner Fürbitte zu unseren Gunsten willen vergibt uns der Vater und wird mit uns völlig versöhnt … Kreuz und Leiden sind durch seine [Jesu] Unschuld geheiligt worden (WA 40 III,713.33). Es gibt hinfort im Leben und im Sterben des Menschen nichts mehr, was nicht durch Christus geheiligt wäre (vgl. WA 37,59.1 = Predigten 1533/34).
Aber wie verhält es sich mit dem Tod Christi? Kann man sagen, der Sohn Gottes sei wirklich gestorben? Im eigentlichen Sinn des Wortes ist nur die menschliche Natur eines wirklichen Todes gestorben. Und doch ist es richtig zu sagen, der Sohn Gottes sei getötet worden (40 III, 721.27). Wenn man der Einheit der Person Rechnung trägt, kann man sogar vom Tode Gottes reden. Zugleich muss aber gesagt werden: Christus konnte nicht getötet werden, „weil er selber der lebendige Gott war“ (40 III,721.28).--- Anmerkung. 14 (= deutsche Übersetzung): „Ich sterbe also für euch, doch indem ich sterbe, werde ich leben, weil ich Gott und Mensch bin. Der Tod kann mich beißen und töten, aber er kann mich nicht im Tode behalten“ (WA 40 III,721.29-31).
(WA 40 III,737.22) …
Um dieses stellvertretenden Leidens Christi willen und um seiner Fürbitte zu unseren Gunsten willen vergibt uns der Vater und wird mit uns völlig versöhnt … Kreuz und Leiden sind durch seine [Jesu] Unschuld geheiligt worden (WA 40 III,713.33). Es gibt hinfort im Leben und im Sterben des Menschen nichts mehr, was nicht durch Christus geheiligt wäre (vgl. WA 37,59.1 = Predigten 1533/34).
Aber wie verhält es sich mit dem Tod Christi? Kann man sagen, der Sohn Gottes sei wirklich gestorben? Im eigentlichen Sinn des Wortes ist nur die menschliche Natur eines wirklichen Todes gestorben. Und doch ist es richtig zu sagen, der Sohn Gottes sei getötet worden (40 III, 721.27). Wenn man der Einheit der Person Rechnung trägt, kann man sogar vom Tode Gottes reden. Zugleich muss aber gesagt werden: Christus konnte nicht getötet werden, „weil er selber der lebendige Gott war“ (40 III,721.28).--- Anmerkung. 14 (= deutsche Übersetzung): „Ich sterbe also für euch, doch indem ich sterbe, werde ich leben, weil ich Gott und Mensch bin. Der Tod kann mich beißen und töten, aber er kann mich nicht im Tode behalten“ (WA 40 III,721.29-31).
Marc Lienhard: Martin Luther christologisches Zeugnis.
Entwicklung und Grundzüge seiner Christologie.
Berlin: EVA 1980, S. 268f.
Zitate aus Martin Luthers Vorlesungen
über die Stufenpsalmen
und Ps. 90: 1532; Jesaja 9 und 53 1543/1544; Hosea 13 1545 (WA 40 III).
Entwicklung und Grundzüge seiner Christologie.
Berlin: EVA 1980, S. 268f.
Zitate aus Martin Luthers Vorlesungen
über die Stufenpsalmen
und Ps. 90: 1532; Jesaja 9 und 53 1543/1544; Hosea 13 1545 (WA 40 III).
Verstehensversuche: „Das Kreuz als
Heilsereignis“
Am
Kreuz werden alle menschlichen Hoffnungen zunächst zunichte. Für die Jünger war
mit dem Tod Jesu am Kreuz die eigene Existenz zerbrochen. Die einst ausgesandt
wurden, um die Nähe der Gottesherrschaft zu verkünden, gehen in den existentiellen
Konkurs. Das Evangelium – eine absolute Fehlinvestition? Wie können Christen
hier noch sagen, dass das Kreuz ein Heilsereignis ist?
1.
Der
Mensch Jesus bringt all unsere Hoffnungen mit seinem Tod ans Kreuz. Jesus
riskierte sein Leben, um damit neue Lebensmöglichkeiten zu eröffnen. Das Kreuz
wird zum Symbol, dass unser alter Mensch stirbt und der neue Mensch der Liebe
und des Friedens mit dem Ostermorgen Gestalt annimmt.
2. Mit der Kreuzigung
Jesu steht Gott selbst im Spiel von Himmel und Erde, noch schärfer: Gott setzt
sich selbst aufs Spiel. Der Skandal des Kreuzes ist zugleich Anstoß, die
Botschaft der Versöhnung voranzutreiben. Jesus als Gottes Stellvertreter
erduldete die schlimmste Unmenschlichkeit.
Der Apostel Paulus formuliert das so (2. Kor 5, 14–19):
„Denn die Liebe Christi dringt in uns. Wenn es nämlich richtig ist, dass einer für alle gestorben ist, dann sind sie im Grunde alle gestorben. Und Christus ist darum für alle gestorben, damit die die leben, nicht nur für sich persönlich leben, sondern für den leben, der für sie gestorben und auferstanden ist. Äußere menschlich übliche Voraussetzungen gelten nun nicht mehr. Auch den Menschen Jesus, den wir gekannt haben mögen, den kennen wir nicht mehr, den brauchen wir auch nicht mehr. Denn wenn jemand in Christus ist, ihn verinnerlicht hat, dann ist er eine neue Kreatur, das Alte ist vergangen, es ist wahrhaftig alles neu geworden. Das hat Gott bewirkt. Gott stiftet Versöhnung. Dafür steht Christus, er ist das Symbol von umfassender Versöhnung. Darum ist uns der Dienst der Versöhnung aufgetragen. Denn Gott war in Christus [auch am] Kreuz. Das Kreuz ist Zeichen der Versöhnung von Gott und Welt. Schuld und Sünde werden nicht mehr angerechnet, sondern vergeben. Das Kreuz ist Zeichen, dass Versöhnung aufgerichtet wurde.“
Der Apostel Paulus formuliert das so (2. Kor 5, 14–19):
„Denn die Liebe Christi dringt in uns. Wenn es nämlich richtig ist, dass einer für alle gestorben ist, dann sind sie im Grunde alle gestorben. Und Christus ist darum für alle gestorben, damit die die leben, nicht nur für sich persönlich leben, sondern für den leben, der für sie gestorben und auferstanden ist. Äußere menschlich übliche Voraussetzungen gelten nun nicht mehr. Auch den Menschen Jesus, den wir gekannt haben mögen, den kennen wir nicht mehr, den brauchen wir auch nicht mehr. Denn wenn jemand in Christus ist, ihn verinnerlicht hat, dann ist er eine neue Kreatur, das Alte ist vergangen, es ist wahrhaftig alles neu geworden. Das hat Gott bewirkt. Gott stiftet Versöhnung. Dafür steht Christus, er ist das Symbol von umfassender Versöhnung. Darum ist uns der Dienst der Versöhnung aufgetragen. Denn Gott war in Christus [auch am] Kreuz. Das Kreuz ist Zeichen der Versöhnung von Gott und Welt. Schuld und Sünde werden nicht mehr angerechnet, sondern vergeben. Das Kreuz ist Zeichen, dass Versöhnung aufgerichtet wurde.“
3.
Das
scheinbare Zeichen der Niederlage, das Vorherrschen des Todes und der
Unmenschlichkeit wird zum Sieg für das Leben und für Versöhnung. Denn es werden
nicht 12 Legionen Engel als Zeichen göttlicher Macht zum Kreuz gerufen (Mt
26,53). Jesus erleidet den Tod. Er fährt aber noch tiefer, in alle Höllen
dieser Welt. Hölle, das heißt in die tiefste Tiefe von Tod bringender
Wirklichkeit. Die Höllen haben bis heute nicht aufgehört zu bestehen, aber die Höllenfahrt
Jesu ist zugleich Signal, dass auch die letzte Hölle vor dem Kreuz kapitulieren
muss.
4.
Karfreitag
ist nicht ohne Ostern zu denken. Allerdings würde der Todestag Jesu zur Farce, wenn man sich der Auferstehung
sicher ist. Aber selbst mit der Auferstehung lassen sich die Risiken des Glaubens
nicht absichern, denn wie kann man heute Ostern aktuell verstehen? Jesus hat in
Gottes Namen das Leben gegen die Vernichtung gesetzt. Das ist der Grund der
Osterfreude. Das darf man schon an allen Karfreitagen dieser Welt bekennen.
Reinhard Kirste
Karfreitag, 14.04.2017 --- Relpäd /1 Kor 1,18-25
CC
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