Donnerstag, 2. Oktober 2014

Begegnung mit Marguerite Porète



Der Wille, der nicht will 
Der Wille, der sich nichtigt
Die Einfachheit der Seele
in Gottes Spiegel-Spielen

Die Sonne, die uns leuchtet,
sie mittigt meine Seele.
Die Mitte meiner Seele,
entdeckt den Himmel neu.

Leuchtfeuer Gottes
- wo alles brennt

und Nichts nur bleibt,
da wird die Wirklichkeit zer-nichtigt
und ganz als bloßer Schein entlarvt.
Und wo der Schein zusammenfällt,
da wird auf einmal alles hell.  
 
Da hören alle Fragen auf,
gibt's nicht mehr das Warum,
auch nicht mehr ein Wozu - 
wozu auch?
Wenn sich Gottes Frieden niedersenkt. 

Da heiligen Zwecke nicht die Mittel,
da blüht die Rose, weil sie blüht,
verströmt den Duft,
und in der Luft liegt
schon der Hauch des Himmels. 



Das ist der Zustand, welcher ist:
Nicht viele Worte gibt's,
das auszudrücken,
doch eins enthebt die in das
Nichts geworfne Seele:
Geschenk des Himmels -
        GNADE.              
                 
Marguerite Porète (1250/60-1310) wurde im nordfranzösischen Hennegau (Haynaut) in der Nähe von Valenciennes geboren. Sie war eine kompromisslose Mystikerin. Sie gehört zu den Vorläuferinnen der Beginen-Bewegung am Niederrhein und in Flandern. Ihr Buch „Der Spiegel der einfachen Seelen“, eines der beliebtesten Meditationsbücher des Mittelalters, wurde zwar als Ketzerbuch verbrannt, verbreitete sich jedoch als anonymes Buch ungeheuer rasch und weit. Marguerite Porète selbst wurde unter großer Anteilnahme der Pariser Bevölkerung 1310 in Paris auf dem Scheiterhaufen verbrannt.

Vgl. Reinhard Kirste / Paul Schwarzenau: Auf dem Weg zur Achtsamkeit.
Iserlohner Con-Texte Nr. 15 (ICT 15). Iserlohn 1999, bearbeitet als PDF-Datei 2009, hier S. 71-74      




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